Laut einem aktuellen Bericht hat der Anteil an russischem Erdgas an der österreichischen Gasversorgung mittlerweile einen Rekordwert von 90% erreicht. Eine so hohe Abhängigkeit von einer Lieferquelle, noch dazu angesichts des Krieges und der aktuellen politischen Spannungen, ist ein massives Risiko für die Versorgungssicherheit. Ein wichtiger Teil der Lösung zur schrittweisen Beendigung dieser Abhängigkeit: mehr erneuerbare Gase aus österreichischer Produktion. Ein Vorschlag dafür liegt seit dem Frühjahr bereits auf dem Tisch, doch trotz Energiekrise und politischen Unsicherheiten auf internationaler Ebene ist die österreichische Bundesregierung bei der Beschlussfassung des dringend benötigten Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG) säumig.
„Seit dem Ende der Begutachtung im März dieses Jahres gab es zahlreiche weitere Verhandlungsrunden, doch ein Ergebnis lässt weiterhin auf sich warten. Obwohl ein beschlussfähiger Text auf dem Tisch liegt, gibt es weiterhin Verzögerungstaktiken. Damit muss nun Schluss sein. Das EGG muss so schnell wie möglich von der Regierung finalisiert und vom Parlament beschlossen werden.“
, betont Norbert Hummel, Biogas-Obmann des Kompost & Biogas Verbandes Österreich.
Was der EGG-Vorschlag vorsieht
Vorgesehen ist ein Quotenmodell mit einem Ziel von 7,5 TWh erneuerbare heimische Gase bis 2030. Je nach Studie gibt es in Österreich ein Potenzial alleine an Biomethan aus Vergärung und Vergasung von organischen Abfällen und Reststoffen von zumindest 10 TWh a-1 (ohne Einbeziehung der möglichen Mengen aus Vergasung) bis hin zu 40 TWh a-1. Hinzu kommt der Beitrag aus erneuerbarem Wasserstoff, weswegen die anvisierten 7,5 TWh a-1 im Jahr 2030 eine gut gewählte Zielgröße für die erste Periode der Umsetzung sind. In einer weiteren Periode ab 2030 wird sich das Ausbauerfordernis an den bisherigen Erfahrungen zu bemessen haben. Zudem sind im Entwurf Maßnahmen vorgesehen, damit verpflichtete Versorger ausreichend Zeit bekommen, sich entsprechende Mengen an erneuerbaren Gasen zu sichern, und auch die notwendige Investitionssicherheit wird durch den aktuellen Text sichergestellt. Beim Quotensystem handelt es sich also um das wohl marktbasierteste Modell zur Unterstützung des Hochlaufes erneuerbarer Energie.
Zur Sicherstellung, dass die Vorgaben auch eine entsprechende Wirkung haben, wird ein Ausgleichsbeitrag für jene Versorger fällig, die ihrer Verpflichtung nicht im notwendigen Ausmaß nachkommen. Die tatsächliche Preisfindung wird von vielen Faktoren abhängen, etwa dem Vertragsbeginn und -laufzeit, und wird von den Versorgern mit den Produzenten bilateral verhandelt. Nicht zuletzt wird im vorliegenden Entwurf auch bewusst niemand von einer möglichen Investition zur Erzeugung erneuerbarer Gase ausgeschlossen, was bedeutet, dass Verpflichtete jederzeit die Möglichkeit haben, selbst in die Produktion von erneuerbaren Gasen zu investieren. Ein weiterer Benefit: Erneuerbare Gase sind unter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben von der Erdgasabgabe befreit und im europäischen als auch nationalen Emissionshandel mit 0 g CO2 Emission anrechenbar – damit ersparen sich Unternehmen Kosten, die andernfalls für die Emission von CO2 anfallen würden.
Was nicht ins EGG reinkommen darf
Um die Versorgungssicherheit Österreichs durch die Hebung der national aufzubringenden Mengen an erneuerbaren Gasen zu gewährleisten und dadurch die Abhängigkeit von Drittstaaten im Bereich der Gasversorgung schrittweise zu reduzieren und einen wichtigen Schritt hin zur Klimaneutralität zu machen ist es notwendig, dass jene Gase, die durch das EGG gefördert werden, auch tatsächlich zu den genannten Zielen wie Erzielung von mehr Versorgungssicherheit, Beitrag zum Klimaschutz etc. beiträgt.
Eine mögliche Anrechnung etwa von kohlenstoffarmen Gasen aus Erdgas oder Kohle vermindert nicht den CO2-Ausstoß, noch leistet es einen Beitrag zur heimischen Versorgungssicherheit. Daher wurden diese Gase weder in den EU-rechtlichen Vorgaben in die Ziele mitaufgenommen, noch sollten sie in nationale Vorgaben hinsichtlich des Ausbaus erneuerbarer Gase aufgenommen werden. Wasserstoff aus Atomstrom wiederum würde der österreichischen Atompolitik komplett widersprechen.
Bei der Frage nach der Ermöglichung von Importen wiederum sind zwei Punkte essentiell: Grundsätzlich spricht nichts gegen Importe von begrenzten Mengen erneuerbarer Gase, sofern dadurch die Hebung des heimischen Potenzials an erneuerbaren Gasen nicht beeinträchtigt wird. Somit muss eine begrenzte Anrechnung von Importen mit einer Erhöhung der Quotenverpflichtung einhergehen. Außerdem ist es wichtig, dass importierte Mengen auch tatsächlich zu mehr Versorgungssicherheit innerhalb der EU beitragen. Daher darf es keinesfalls zu einer Doppelanrechnung dieser Mengen kommen und müssen daher die EU-rechtlichen Vorgaben der Erneuerbaren Energien-Richtlinie eingehalten werden.
Wie es nun weitergehen muss
Der Weg ist klar: Das EGG muss so rasch wie möglich beschlossen werden, die Regierung muss sich dazu noch in diesem Jahr auf den gemeinsam erarbeiteten Text einigen. Eine weitere Verzögerung würde nicht nur die weitere Abhängigkeit von Russland und anderen Drittstaaten in der Energieversorgung bedeuten und das Ziel der Klimaneutralität in weite Ferne rücken. Ohne diesem Wandel in der Gasversorgung würden das Gasnetz als auch die dazugehörigen Speicheranlagen sukzessive an Bedeutung verlieren und ginge somit ein sehr effizientes leitungsgebundenes Energietransport- und saisonales Speichersystem verloren.