Nationalrat gibt grünes Licht für Maßnahmen zur Gasbevorratung

Mit der heute im österreichischen Nationalrat einstimmig beschlossenen Änderung des Energielenkungsgesetzes soll ein Anreiz für Großabnehmer von Gas geschaffen werden, um vorsorglich Gasmengen einzuspeichern. Dazu wird für die kommenden drei Jahre eingespeichertes Gas im Ausmaß von 50 % des Jahresverbrauchs vor Lenkungsmaßnahmen des Staates geschützt. Zudem wird im Gaswirtschaftsgesetz die Möglichkeit geschaffen, dass der Staat die Energieversorger mit der Speicherung von Erdgas beauftragen kann. Laut den Regierungsparteien sollen die Maßnahmen dazu beitragen, dass die Gasspeicher im Herbst zu 80 % gefüllt sind. Die Verterter:innen aller Fraktionen sprachen von notwendigen Maßnahmen zur Stärkung der Versorgungssicherheit. Die Opposition vermisste jedoch einen Gesamtplan zum Ausstieg aus russischem Gas. Laut Energieministerin Leonore Gewessler geht es darum, auf alle Szenarien, auch auf einen Lieferstopp, vorbereitet zu sein. Die heutigen Beschlüsse würden einen Beitrag dazu leisten.

Novelle zum Energielenkungsgesetz beschränkt Zugriff auf gespeichertes Gas für die nächsten drei Jahre

Auf Basis des Energielenkungsgesetzes kann der Staat in Notfällen auf in Österreich lagerndes Gas zugreifen und es nach Dringlichkeit verteilen. Um dennoch die industriellen Großabnehmer und -verbraucher nicht vom Speichern von Reserven abzuhalten, wird gespeichertes Gas im Ausmaß von 50 % des Jahresverbrauchs von etwaigen Lenkungsmaßnahmen ausgenommen. Die Maßnahme wird auf drei Jahre befristet und gilt rückwirkend ab dem 27. April 2022 und soll am 31. Mai 2025 auslaufen. Die Abgeordneten sprachen sich einhellig für die dazu notwendige Änderung des Energielenkungsgesetzes, inklusive eines Abänderungsantrages von ÖVP, SPÖ und Grünen, der eine Evaluierung durch das Klimaschutzministerium vorsieht, aus. Dadurch ist die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben.

Dasselbe gilt für die von den Regierungsfraktionen per Ausschussantrag eingebrachte Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes, die die Einführung von sogenannten Market Makern zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit beinhaltet. Dabei geht es um die Erweiterung des Instrumentariums zur Beschaffung von Ausgleichsenergie, die auch tatsächlich gespeichert werden muss. Die Gasversorger können dazu vom Staat beauftragt werden und bekommen dafür eine finanzielle Abgeltung. Per Abänderungsantrag wurde zudem geregelt, dass die entsprechende Verordnung der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates bedarf.

“Die heutigen Beschlüsse sind ein Beitrag, damit die Gasspeicher am Beginn der nächsten Heizperiode zu 80% gefüllt sind”, zeigte sich Lukas Hammer (Grüne) erfreut. Man treffe alle Maßnahmen, um für den Krisenfall vorbereitet zu sein. Einerseits führe man eine geschützte Gasmenge für Industriebetriebe ein, andererseits könne der Staat die Energieversorger mit der Vorhaltung und Speicherung von Erdgas beauftragen. Es gelte nun vor allem “alles zu tun, um aus der russischen Gasfalle zu kommen”, so Hammer.

Auch SPÖ-Mandatar Alois Schroll signalisierte Zustimmung, da die SPÖ beiden Anträgen, “die Giftzähne” gezogen habe und es notwendig sei, schnell zu reagieren. Die Bundesregierung habe jedoch “den Kopf in den Sand gesteckt” und nicht auf die Warnrufe der SPÖ reagiert, obwohl sich die Preissteigerungen bereits seit Herbst 2021 angekündigt hätten. Seine Fraktionskollegin Julia Herr forderte ein Verbot der Aufstellung und des Einbaus von Gasheizungen in Neubauten mit 1. Jänner 2023 sowie die dauerhafte Absicherung der Förderung kostengünstiger Alternativen mittels eines Entschließungsantrags, der jedoch in der Minderheit blieb.

Man sei genötigt, Maßnahmen zu setzen, diese seien allerdings das Ergebnis “einer völlig verfehlten Klima- und Sanktionspolitik”, betonte auch Axel Kassegger (FPÖ). Der FPÖ-Abgeordnete vermisste zudem Pläne für den Ausstieg aus russischem Gas.

Neben den bereits beschlossenen Entlastungspaketen sei es wichtig, Versorgungssicherheit zu schaffen, erklärte Tanja Graf (ÖVP). Damit stärke man die österreichische Widerstandsfähigkeit und werde schrittweise unabhängiger. “Speicherkapazitäten nutzen, Verfügbarkeit sichern, Erzeugung erneuerbarer Energie steigern und Energieverbrauch senken, jeder und jede Einzelne kann dazu einen Beitrag leisten”, ergänzte Franz Leonhard Eßl (ÖVP). Ziel sei es, die fossilen durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen.

Karin Doppelbauer (NEOS) sprach von sinnvollen Anpassungen, die ihre Fraktion mittragen werde. Es sei zu begrüßen, dass etwa Industriebetriebe, die zusätzliches Gas einspeichern, Rechtssicherheit erhalten würden. Die NEOS-Abgeordnete vermisste jedoch einen Gesamtplan zur Gasspeicherung und für den Ausstieg aus russischem Gas bis zum nächsten Winter. Hier seien andere europäische Länder viel weiter.

Gewessler: Müssen auf alle Szenarien vorbereitet sein

“Wir drehen an allen Schrauben, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, unterstrich Energieministerin Leonore Gewessler. Die Ministerin sprach von konstruktiven Verhandlungen und bedankte sich bei allen beteiligten Fraktionen. Man müsse auf alle Szenarien, auch auf einen Lieferstopp, vorbereitet sein, die heutigen Beschlüsse würden einen Beitrag dazu leisten. Den Ausstieg aus russischem Gas bezeichnete die Ressortchefin als “alternativlos”.

In Bezug auf die Änderungen im Energielenkungsgesetz sprach Gewessler von einem Kompromiss, mit der 50%-Quote könnten sich die Betriebe auf geschützte Gasmengen verlassen. Zudem wird laut der Ministerin eine weitere Möglichkeit geschaffen, im Auftrag des Staates Gas zu beschaffen, indem man Energieversorger mit der Erdgasspeicherung als Ausgleichsenergie beauftragen könne. Dies sei eine “gute und effiziente Variante”, um im Notfall die fehlenden Gasmengen rasch bereitstellen zu können. Die per Abänderungsantrag geregelte Einbindung des Hauptausschusses sah Gewessler positiv, da man dadurch eine breite parlamentarische Grundlage für die Maßnahmen habe.

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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