AKW Mochovce 3: Finale Betriebserlaubnis trotz ungelöster Sicherheitsprobleme

Am Montag, den 24. Jänner 2022 veröffentlichte die slowakische Atomaufsicht Úrad Jadrového Dozoru Slovenskej Republiky (ÚJD) auf ihrer Website den Entwurf der finalen Betriebserlaubnis für den Atomreaktor Mochovce 3. Die Inbetriebnahme des Reaktors wird formal durch den Einspruch von GLOBAL 2000 aufgehalten, der zusammen mit besorgten Atomingenieuren aus Mochovce (Whistleblowern) verfasst wurde. Darin wurden zahlreiche Sicherheitsprobleme detailliert aufgelistet. Die slowakische Atombehörde hat den Einspruch jedoch abgelehnt und die finale Betriebserlaubnis soll in den kommenden Tagen endgültig erteilt werden. „Die Ablehnung unseres Einspruchs wurde bereits seit Sommer letzten Jahres angekündigt, sie ist also wenig überraschend““, so Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von GLOBAL 2000. „Dennoch ist sie sehr bedenklich, da die vorgebrachten ‚Argumente‘ zur Abweisung der analysierten fundamentalen Sicherheitsprobleme, wie erwartet äußerst oberflächlich sind und die bestehenden Sicherheitsprobleme nicht lösen.“

So wird das Risiko eines (un-)beabsichtigten Flugzeugabsturzes über der Anlage in Kauf genommen, da die Wahrscheinlichkeit der möglichen Katastrophe „akzeptabel“ sei und daher keine weiteren Schutzmaßnahmen gesetzt werden müssen. Einziger Schutz sind Stahlnetze, die neben der aus Sowjet-Zeiten stammenden Anlage installiert wurden und im Ernstfall ein Flugzeug auffangen sollen. Die dazugehörigen Bauunterlagen erhielt GLOBAL 2000 durch Whistleblower und ließ diese von einem Baustatik-Büro überprüfen. Die Analyse ergab jedoch, dass diese Netze maximal den Aufprall eines Kleinstflugzeuges, wie z.B. einer einmotorigen Cessna aufhalten können, jedoch keinerlei Schutz vor dem Aufprall eines kommerziellen Verkehrsflugzeugs bieten.

Im März 2020 stieß die slowakische Kriminalpolizei bei Ermittlungen und einer Razzia in Mochovce im Kernbereich des Atomreaktors 3 auf minderwertige Rohrleitungen mit gefälschter Dokumentation. Die Atomaufsicht ÚJD legt nun offen, dass weniger als die Hälfte der Rohrleitungen – 3410 von 7962 – tatsächlich auf ihre Materialeigenschaften überprüft wurden, dabei wurden 61 Fälle von Material“konfusion“ und 293 Fälle von „Standardabweichungen“ gefunden, 12 Rohrleitungen wurden ausgewechselt. Die restlichen 4552 Rohrleitungskomponenten wurden durch eine „Computer-Evaluierung“ unter bestimmten „Annahmen“ für unbedenklich auch für Korrosion erklärt. Aus Ingenieursperspektive ist dies ein unzulässiges Vorgehen. Gerade im Kernstück eines Atomreaktors müssen die Komponenten lückenlos überprüft werden – um ein Versagen vorzubeugen und größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten.

„Uns vorliegende interne Dokumente zeigen, dass es bei Inbetriebnahme-Tests im Sommer 2021 zur massiven Beschädigung von Kernkomponenten des Reaktors wie dem Reaktordruckbehälter und des Primärkreislaufs gekommen ist, deren genaue Ursache bis heute ungeklärt ist“, so Uhrig. „Die Vorgehensweise der Atomaufsicht, nur die Hälfte der sicherheitskritischen Rohrleitungen zuzulassen, ist offenkundig verantwortungslos: die Betriebserlaubnis auf dieser Basis zu erteilen ist fahrlässig.“

GLOBAL 2000 fordert daher eine vollständige Offenlegung der Sicherheitsberichte („Non-compliance reports“) des Projektbetreibers Slovenské elektrárne sowie einer transparente internationale Überprüfung der Baustelle auch unter Beteiligung von Expertinnen und Experten der Nachbarstaaten.

GLOBAL 2000 hat bereits nach der umfassenden Zensur und Schwärzung von technischen Dokumentationen im Dezember 2017 Klage gegen die slowakische Atomaufsicht ÚJD eingelegt, unterstützt von Windkraft Simonsfeld und einer slowakischen Rechtsanwalts-NGO – dieses Verfahren ist weiterhin im Laufen.

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