Mikroplastikpartikel: Eine Gefahr für die menschliche Gesundheit

Bild: Mikroplastik © Dantor

Wissenschafter der CBmed GmbH in Graz untersuchen in einem internationalen Forschungsprojekt die potenziellen Gesundheitsrisiken von Mikroplastik und warnen vor den möglichen Folgen für die menschliche Gesundheit. Mikroplastik, 5 Millimeter bis 1 Mikrometer kleine Plastikteilchen, ist allgegenwärtig: in der Luft, im Wasser, im Boden. Da es sich um ein noch relativ neues Problem handelt, sind die gesundheitlichen und ökologischen Folgen für uns und insbesondere für die zukünftigen Generationen weitgehend noch unbekannt. Es ist jedoch erwiesen, dass Mikroplastik mittlerweile auch im menschlichen Körper nachgewiesen werden kann. Ob es einen Zusammenhang von Mikroplastik im Körper und der Steigerung von Tumorerkrankungen gibt, erforschen Prof. Dr. Lukas Kenner und Prof. Dr. Wolfgang Wadsak in dem von der CBmed GmbH (Zentrum für Biomarkerforschung in der Medizin) geleiteten Forschungsprojekt „microONE“.

Bei Nano- und Mikroplastik beobachten wir einen Trojanischen Pferd-Effekt: Einerseits dringt es in den menschlichen Körper ein und bindet an Blutbestandteile, wodurch es sehr leicht verteilt werden und sogar die Bluthirnschranke überwinden kann. Andererseits werden diese winzigen Teilchen bei der Zellteilung nachweislich an die nächste Generation von Zellen weitergegeben. Sie sind also gekommen, um zu bleiben“, erklärt Dr. Wolfgang Wadsak das Verhalten von Plastikpartikel im menschlichen Körper.

Mikroplastik gelangt über verschiedene Wege in die Nahrungskette und somit in den menschlichen Körper. So tragen beispielsweise auch Verpackungen oder Textilien aus Kunststoff zur Entstehung von Mikroplastik bei. Die Menge an Mikroplastik, die pro Woche und Person aufgenommen wird, liegt bei bis zu etwa fünf Gramm, was dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht. Das Team um den Pathologen Prof. Dr. Lukas Kenner erforscht insbesondere die Auswirkungen von Mikroplastik im Verdauungssystem des menschlichen Körpers. Lokale Entzündungs- und Immunreaktionen sowie Veränderungen im Darm-Mikrobiom wurden bereits mit der Aufnahme von Mikroplastik in Verbindung gebracht. Zudem besteht ein möglicher Zusammenhang zwischen Mikroplastikpartikeln und biochemischen Prozessen, die an der Entstehung von Krebs beteiligt sind.

Chronisch Kranke besonders betroffen

Menschen mit chronischen Krankheiten könnten besonders anfällig für die negativen Auswirkungen von Mikroplastik sein. Lokale Veränderungen im Magen-Darm-Trakt, die bei chronischen Erkrankungen auftreten können, könnten das Risiko für die schädlichen Auswirkungen von Mikroplastik erhöhen und die Wirkung von Medikamenten beeinflussen.

Das menschliche Darmmikrobiom besteht aus einer Vielzahl von Bakterienarten, die eine entscheidende Rolle bei der Verdauung von Nahrungsmitteln, der Aufrechterhaltung des Immunsystems sowie der Produktion von wichtigen Aminosäuren und biologischen Stoffen spielen. Diese beeinflussen nicht nur den Stoffwechsel, sondern auch kognitive Prozesse. Bei Darmerkrankungen, wie beispielsweise einer chronischen Durchfallerkrankung, sind die Schleimhäute durchlässiger und es können deutlich mehr Plastikpartikel ins Blut aufgenommen werden. Wenn diese Plastikpartikel von Cholesterinmolekülen umgeben sind, werden sie von der Blut-Hirn-Schranke nicht als Fremdkörper identifiziert und gelangen somit auch rasch ins Gehirn.

Maßnahmen zur Risikominderung

„Plastikfasten“: Der temporäre oder vollständige Verzicht auf Produkte, die einen potenziellen Eintrag von Mikroplastik im Körper begünstigen. Eine entsprechende Studie dazu wird derzeit von Prof. Vanessa Stadlbauer-Köllner von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Graz im Rahmen des microONE Projekts durchgeführt.

Jede Person kann bereits heute einiges dazu beitragen, die direkte Aufnahme von Mikroplastik in den eigenen Körper zu vermeiden, beispielsweise durch:

  • Vermeiden von Schneidbrettern aus Kunststoff in der Küche
  • Unverpacktem bzw. Produkten in biologisch abbaubaren Verpackungen den Vorzug geben
  • Zahnbürsten aus Plastik vermeiden
  • Alternative Trinkflaschen anstatt Plastikflaschen verwenden
  • Beim Textilkauf auf synthetische Fasern verzichten
  • Kunststoffe immer richtig entsorgen: Das gilt nicht nur für Verpackungen, auch Kunststoffanwendungen im Freien müssen sehr sorgfältig behandelt und rechtzeitig entsorgt werden, bevor sie Zerfallserscheinungen aufweisen.

Mehr Informationen gibt es auf der Webseite: Mitmachen – bündnis mikroplastikfrei

Im Forschungsprojekt microONE wird noch in den nächsten zwei Jahren fundiert untersucht, welche Auswirkungen Nano- und Mikroplastikpartikel im menschlichen Körper haben. In einem zweiten Schritt müssen dann Lösungen gefunden werden. „Die Minimierung der Mikroplastikeinträge in die Umwelt erfordert ein koordiniertes Handeln auf individueller, gesellschaftlicher und politischer Ebene. Diese Prozesse zu begleiten und voranzutreiben, haben wir uns im bündnis mikroplastikfrei verschrieben“, erklärt Ing. Mag. Walter Hauer, Präsident des Bündnisses.

Indem wir gemeinsam die Belastung mit Mikroplastik reduzieren, können wir dazu beitragen, die Gesundheit des Menschen zu schützen und die Umwelt für zukünftige Generationen zu bewahren. Maßnahmen dazu umfassen die Reduzierung von Einwegplastik, die Einschränkung von synthetischen Kleidungsstücken und die Unterstützung von ökologisch unbedenklichen Materialalternativen.

Über das bündnis mikroplastikfrei:

Das bündnis mikroplastikfrei ist Drehscheibe für Knowhow und Austausch, um Lösungsstrategien zur Reduktion von Mikroplastik in der Umwelt zu entwickeln. Wir sind ein internationaler Zusammenschluss von wissenschaftlichen Einrichtungen, Unternehmen, Interessensverbänden und der kommunalen Verwaltung – gemeinsam begegnen wir den technologischen und rechtlichen Herausforderungen. Das bündnis mikroplastikfrei ist zudem einer der mitwirkenden Partnerorganisationen beim Aktionsplan Mikroplastik 2022-2025 der österr. Bundesregierung.

www.mikroplastikfrei.at

Über CBmed GmbH und das Projekt microONE:

Das Forschungszentrum „Center for Biomarker Research in Medicine“ (kurz: CBmed) wurde 2014 in Graz gegründet und verbindet exzellente Forschungsinfrastruktur, wissenschaftliche Expertise, medizinisches Fachwissen sowie nationale und internationale Industriepartner für systematische Biomarkerforschung im Bereich der Präzisionsmedizin. CBmed ist Konsortialführer des Grundlagenforschungsmoduls „microONE“, welches innerhalb des COMET-Programms (Competence Centers for Excellent Technologies) durch die Bundesministerien BMK und BMWA, Land Steiermark (SFG) und Land Wien (WAW) unterstützt und von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) betreut wird. Eigentümer der CBmed GmbH sind die Medizinische Universität Graz, die Medizinische Universität Wien, die Technische Universität Graz, die Karl-Franzens-Universität Graz, die JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH und das Austrian Institute of Technology.

www.cbmed.at

Gemeinsam für die Vermeidung von Mikroplastik

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