Die Bioenergie-Nutzung aus bewirtschafteten Wäldern spielt eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und für das Erreichen der Klimaziele bis 2050. Eine nachhaltige Bewirtschaftung führt zu höheren Waldkohlenstoffsenken als eine Außernutzungstellung, weil der Holzzuwachs höher ist und die Kohlenstoffsenkfunktion langfristig sowie kontinuierlich gewährleistet wird. Ferner führt die Bewirtschaftung zu besseren Holzqualitäten und vitaleren Beständen mit den positiven Nebeneffekten der Erhaltung und Verbesserung der Kohlenstoffsenkfunktion bei gleichzeitiger Substitution fossiler Energieträger sowie dem Ersatz energieintensiver Baumaterialien wie Stahl und Zement. Das sind die zentralen Aussagen im kürzlich vorgestellten IPCC-Bericht zum Thema Forstwirtschaft und Bioenergie. Dieser Bericht ist das weltweit bedeutendste und wissenschaftlich anerkannte Dokument zum Thema Klimawandel.
„Jetzt haben wir es erneut schwarz auf weiß – von der obersten Instanz in Sachen Klimaschutz: Der nachhaltig bewirtschaftete Wald in Verbindung mit der Nutzung von Holzprodukten und moderner Bioenergie ist essenziell für die Erreichung der Klimaziele. Die Europäische Kommission muss diese Tatsache endlich akzeptieren und im Gesetzgebungsprozess des ‚Fit for 55’-Pakets beziehungsweise im REPowerEU-Programm umsetzen
“, fordert Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes. „Mit der großflächigen Außernutzungstellung von Waldflächen, der Diskriminierung von Energieholz und einer Renaissance von Atomkraft sowie Fracking-Gas werden wir weder die Abhängigkeit von Energieimporten reduzieren noch das 1,5-Grad-Ziel erreichen.“
Potenziale nutzen
Nur 20% des geernteten Holzes in Europa wird direkt aus dem Wald energetisch genutzt, vorwiegend Material, das sonst ungenützt im Wald verrotten und vielerorts die Waldbrandgefahr erhöhen würde. Das ist der weltweit niedrigste Wert, geht aus dem Bericht hervor. Moderne Bioenergiesysteme liefern derzeit etwa 30 EJ Primärenergie pro Jahr, was 53% der gesamten erneuerbaren Primärenergiebereitstellung entspricht. Die Autoren des IPPC-Berichtes haben auch das Ausmaß und die mögliche Nutzung von degradierten Standorten und Brachflächen untersucht. Dabei hat sich herausgestellt, dass in der EU ein ungenutztes Flächenpotenzial von 69 Mio. ha vorhanden ist – mit der Option, die Flächen zu verbessern. Die Wissenschaftler stellen auch klar, dass eine reduzierte Holznutzung in der EU nur kurzfristig und lokal zu einer höheren Kohlenstoffspeicherung führen könnte. Dieser Effekt würde aber verpuffen, weil dadurch der internationale und klimaschädlichere Holzhandel angekurbelt wird. Im Bericht wird auch darauf verwiesen, dass die gleichzeitige Produktion von Biokohle und Bioenergie generell zu einer höheren Senkenwirkung führt – insbesondere wenn die Biokohle zur Verbesserung der Bodenqualität eingesetzt wird. „Der IPCC-Bericht zeigt uns die vielfältigen Potenziale der Holznutzung auf. Fakt ist, dass Produkte der holzverarbeitenden Industrie und die energetische Verwertung von Biomasse zu mehr Klimaschutz führen. Dieses Faktum gilt es zu akzeptieren und umzusetzen, denn die Zeit drängt und der Klimawandel schreitet stetig voran. Allein die Nutzungsrückstände für verstärkte Waldpflegemaßnahmen liegen in Österreich aktuell bei über 250 Mio. Festmetern. Das ist genug Holz für ein massives Holzbauprogramm inklusive erneuerbarer Energie. Mobilisieren wir nur einen Teil dieser Potenziale, die uns nachhaltig vor der Haustüre zur Verfügung stehen, können wir sehr schnell aus fossilen Energien aussteigen“, so Titschenbacher. „Selbstverständlich braucht es auch Regelungen, um Raubbau, Waldrodungen und Biodiversitätsverlust zu verhindern. Das österreichische Forstgesetz ist hier ein gutes Vorbild. Einfache Lösungen auf europäischer Ebene, die gleichzeitig für einen Wald in Norwegen und in Portugal passen, gibt es nicht. Hier ist die nationale Expertise gefordert und vorhanden.“
Nicht den PR-Kampagnen der Fossilindustrie aufsitzen
Aktuell laufen europaweite PR-Kampagnen, um die europäische Energiepolitik zu beeinflussen und die Gesellschaft in neue Abhängigkeiten zu treiben beziehungsweise alte aufrechtzuerhalten. Dabei bedienen sich internationale Energiekonzerne, Teile der energieintensiven Industrie aber auch Befürworter der Atomenergie gerne Umweltschutzorganisationen, die über internationale Stiftungskonstruktionen finanziert werden – inklusive dazugehöriger Forschungsinitiativen. „Aktuell wird versucht, den Einsatz von Rundholz für energetische Zwecke in der Energiewirtschaft und Holzindustrie zu skandalisieren. Wer einen Ausschluss von Rundholz fordert, einen Baum im Wald als Argumentationsbasis verwendet oder glaubt, Energieholz werde in Österreich über Kahlschlagwirtschaft erzeugt, der irrt. Interessierten empfiehlt sich neben der Literatur des IPCC-Berichts, das Studium der Österreichischen Holzhandelsusancen und der aktuellen Publikation Wald.Holz.Energie mit Expertenbeiträgen zum Thema“, so Titschenbacher. Über die Einsatzmöglichkeiten von Rundholz, so werden Baustämme aufgrund ihrer überwiegend zylindrischen Form genannt, in der Holzverarbeitung oder Bioenergie bestimmen dessen Eigenschaften (unter anderen Astgröße und Anzahl, Faulstellen, Krümmigkeit, Baumart, Risse, Wassergehalt, Harzgallen, usw.). Geregelt wird dies in den Österreichischen Holzhandelsusancen. Die Auswirkungen der Waldbewirtschaftung, Holznutzung und Bioenergie auf den CO2-Gehalt in der Atmosphäre sind komplex und oft kontraintuitiv, die Publikation Wald.Holz.Energie versucht dem Rechnung zu tragen und hat aktuelle Forschungsergebnisse mittels Expertenbeiträgen und einer umfangreichen Literaturrecherche zusammengetragen.
Weiterführende Information:
Auflistung zentraler Aussagen aus dem IPCC-Bericht