Das international hochkarätig besetzt Forum „Moving Towards the Transformation“ an der Universität für Bodenkultur in Wien vom 6. bis 9. September im Rahmen des European Bioeconomy Scientific Forums diskutiert über Rahmenbedingungen und Machbarkeit.
Der Klimawandel ist ein menschengemachtes Problem und erfordert gesellschaftliches Umdenken und politisch wirksames Handeln. Bioökonomie ist ein Wirtschaftskonzept, das fossile Rohstoffe durch nachhaltig erzeugte und im Kreislauf geführte, nachwachsende Rohstoffe unter Beachtung der planetaren Grenzen ersetzen will. Damit hat sich die Bioökonomie in den vergangenen 20 Jahren als ein wichtiger, weltweiter Pfeiler in der Klimadebatte etabliert. Seit 2019 verfolgt auch Österreich durch einen Regierungsbeschluss eine Bioökonomiestrategie, die seit 2022 in einem Aktionsplan umgesetzt wird. Dabei wird mit betroffenen Wirtschaftszweigen aus der Land-, Forst-, Abfall- und Wasserwirtschaft die nachhaltige Nutzung von Rohstoffen und auch die Entwicklungsmöglichkeiten biobasierter Produkte und Energieträger thematisiert.
Dasselbe, nur in Grün?
Wenn die Umstellung auf Bioökonomie gelingt, kann es danach mit der Wirtschaft, dem Konsum und dem Wachstum trotzdem nicht so weitergehen: „Ein 100prozentiger Ersatz aller derzeit auf Erdöl basierenden Produkten und Dienstleistungen würde drei bis vier Erdplaneten zum Anbau der nötigen Biomasse benötigen“, betont Martin Greimel, Leiter des Zentrums für Bioökonomie an der Universität für Bodenkultur Wien. Um den drohenden Schäden mit aktivem Klimaschutz zu begegnen, werden wir mit lieb gewonnenen Gewohnheiten brechen und unser Verhalten verändern müssen. „Ganz ohne Reduktion und Verzicht wird es nicht gehen.“
Persönliches CO2- oder Rohstoffkonto
Mit Hilfe der Idee eines persönlichen CO2- oder Rohstoffkontos versucht Greimel dieses Thema öffentlichkeitswirksam aufzubereiten: „Wir kennen die Menge an Rohstoffen, die wir auf dieser Erde haben und wir wissen, wie viel CO2 wir emittieren dürfen, um das Klima stabil zu halten. Die Menge an verfügbaren Rohstoff bzw. C02 dividiert durch die Anzahl an Menschen ergebe das individuelle Guthaben auf dem CO2- oder Rohstoffkonto.
Das CO2-Konto in Zahlen: Um das Klima stabil zu halten, sollten3 Tonnen CO2-Verbrauch pro Kopf/Jahr nicht überschritten werden. Derzeit verbraucht jede*r Österreicher*in durchschnittlich 4,7 Tonnen, jede*r US-Amerikaner*in 15 Tonnen oder jede*r Katar*in 36 Tonnen.
Das Rohstoffkonto in Zahlen: 1900 hat die Menschheit 7,3 Giga-Tonnen Rohstoffe/Jahr verbraucht, heute sind dies fast 100 Giga-Tonnen. Nachhaltig wären 35 Giga-Tonnen Rohstoffverbrauch pro Jahr. Somit liegt heute der Ressourcen-Erderschöpfungstag bei Mitte Juli. Würde jeder Mensch so viel verbrauchen wie wir Österreicher*innen (20 Tonnen pro Kopf/Jahr) dann läge er bereits Anfang April.
Was für ein persönlichen C02-oder Rohstoff-Konto spricht, wäre die Entscheidungsfreiheit für jeden einzelnen: „Jeder kann individuell entscheiden, wo er sein CO2-oder Rohstoff-Guthaben einsetzt: z.B. ob er seinen Fleischkonsum reduzieren, bei Kleidung/Textilien einsparen oder sich lieber bei Flugreisen einschränken möchte.“Dieses Beispiel zeigt, dass Wirtschaftskonzepte wie die Bioökonomie die sozialen und kulturellen Dimensionen des Wandels nicht außer Acht lassen dürfen. Um genau diese Aspekte zu beleuchten, lädt die BOKU vom 6. bis 8. September zum European Bioeconomy Scientific Forum nach Wien. Unter dem Motto “Moving Towards the Transformation” sollen Synergien zwischen verschiedenen Perspektiven auf die Bioökonomie erforscht und das techno-ökonomische Narrativ der Bioökonomie mit besonderer Rücksichtnahme auf Erkenntnisse aus Sozial- und Geisteswissenschaften erweitert werden.
Programm zum European Bioeconomy Scientific Forum
Das Zentrum für Bioökonomie an der Universität für Bodenkultur Wien wurde vor 4 Jahren gegründet, koordiniert alle Bioökonomie-relevanten Themen innerhalb der BOKU im Bereich Forschung, Bildung und Innovation und vernetzt die BOKU-Forscher*innen mit nationalen und internationalen Kolleg*innen. Im Herbst 2022 übernahm die BOKU die Präsidentschaft der renommierten European Bioeconomy University Alliance (EBU).
https://boku.ac.at/zentrum-fuer-biooekonomie