Für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) hat auch Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der E-Wirtschaft, eine umfassende Stellungnahme eingebracht. Aus Sicht der Branche bietet der Gesetzesvorschlag einen zukunftsfähigen Rahmen und gute Voraussetzungen für den Umbau des Stromsystems in Richtung Erneuerbare und die Integration neuer Marktteilnehmer in den Energiemarkt. Bei Themen wie Digitalisierung oder flexiblen Netzzugang sieht die E-Wirtschaft aber noch Änderungsbedarf. Besonders hohe Priorität hat aus Sicht der Branche die Wiederherstellung der Rechtssicherheit bei Preisanpassungen und die Schaffung einer europarechtskonformen Regelung bei der Grundversorgung.
„Digitaler, transparenter, kundenorientierter – der Vorschlag für das ElWG lässt klar erkennen in welche Richtung sich die Branche in den kommenden Jahren entwickeln wird“
, sagt Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie. Er betont dabei die Vorschläge zur Einbindung von neuen Marktteilnehmern wie Aggregatoren, die Einführung von Peer-to-Peer Verträgen und den Fokus auf Transparenz und Kundenkommunikation. Die Branche begrüßt außerdem die Einführung eines Leistungspreises, der künftig für eine verursachergerechtere Verteilung der Netzkosten sorgen wird. Zudem wird es künftig einfacher möglich sein, Smart-Meter Daten für den Netzbetrieb zu nutzen. In einzelnen Bereichen sieht die Branche aber noch Anpassungsbedarf.
Digitalisierung unerlässlich, aber langwierig
Ausreichende Daten sind die Grundlage für den modernen Strommarkt, für das Funktionieren der Energiegemeinschaften, die genaue Prognose und neue Preisangebote. Dennoch würde die geplante Umstellung aller Smart-Meter auf Viertelstunden-Werte und die Übertragung dieser Daten die Infrastruktur mittelfristig überfordern. „Wir brauchen im ersten Schritt richtige Daten von besonderen Kund:innen wie jenen, die selbst Strom produzieren, Mitglied einer Energiegemeinschaft sind, Wärmepumpen oder Ladestellen besitzen oder einen Jahresverbrauch über 10.000 kWh haben,“ schlägt Barbara Schmidt Generalsekretärin von Oesterreichs Energie einen Rechtsanspruch der Viertelstundenwerte für besondere Kund:innen vor.
Flexibler Netzzugang für mehr Erzeugungsanlagen
Die Möglichkeit flexibler Netzzugänge, die mit dem ElWG geschaffen wird, begrüßt die E-Wirtschaft. Der Vorschlag geht der Branche aber nicht weit genug: „PV-Anlagen erreichen ihre Spitzenleistung nur wenige Stunden im Jahr. Es wäre volkswirtschaftlich äußerst unvernünftig die Netzkapazitäten auf diese seltenen Spitzen auszulegen“, erklärt Schmidt. „Wir schlagen daher eine Beschränkung der Leistung auf 70 Prozent der maximalen Kapazität vor. Damit sinkt die eingespeiste Energiemenge um weniger als 5 Prozent – es könnten aber um 40 Prozent mehr Anlagen ans Netz angeschlossen werden.“
Speicher und Elektrolyseure von Netzentgelten befreien
Zudem sollten Speicher von Netzentgelten befreit werden. „Um die volatile Erzeugung aus Windkraftwerken und PV-Anlagen in großem Umfang in unser System zu integrieren, müssen wir unsere Pumpspeicherkraftwerke, Batteriespeicher und Elektrolyseure massiv ausbauen. Dafür braucht es Investitionsanreize“, sagt Strugl mit Verweis auf die deutsche Speicherstrategie.
Rechtssicherheit bei Preisänderungen
Die Schaffung von Rechtssicherheit bei den Kund:innenbeziehungen hat angesichts der Entwicklung der vergangenen Jahre besondere Bedeutung. Aktuell zählt der Branchenverband österreichweit mehr als 50 Verfahren gegen Stromlieferanten aufgrund von Preisänderungen. Oestereichs Energie begrüßt, dass im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Ministerien nun intensiv an einer Lösung gearbeitet wird. „Im Interesse der Lieferanten und im Interesse unserer Kundinnen und Kunden brauchen wir hier endlich wieder Rechtssicherheit“, sagt Strugl.
Monatliche Rechnung statt Teilzahlung
Die geplante Umstellung aller Kund:innen mit Smart Meter auf monatliche Rechnungen über den tatsächlichen Verbrauch bringt mehr Transparenz. „Um diesen Übergang im Interesse unserer Kund:innen bestmöglich zu bewältigen, braucht es aber Übergangsfristen und eine breite Kommunikation aller relevanten Akteure. Politik, Regulator und Konsumentenschutzorganisation sind dabei ebenso gefragt wie die E-Wirtschaft“, so Strugl.
Grundsätze für Regulierungsbehörde
Aufgrund von europarechtlichen Vorgaben, wird der Regulierungsbehörde bei der Tarifierung ein großer Spielraum eingeräumt. „Wir sind der Auffassung, dass der Gesetzgeber dem Regulator zumindest grundlegende Leitlinien für seine Arbeit vorgeben sollte, damit die Regulierung im Einklang mit den politischen Zielen erfolgt“, sagt Strugl.
Abschließend betont Strugl die Bedeutung des ElWG im Hinblick auf klare Spielregeln für den Umbau des Energiesystems und appelliert an die politischen Vertreter das Gesetz noch in der laufenden Legislaturperiode zu beschließen. „Wenn das Gesetz in den nächsten Monaten nicht beschlossen wird, verlieren wir mindestens ein Jahr. Diese Zeit haben wir nicht“, so Strugl.