Ab dem Geschäftsjahr 2025 treten erweiterte Anforderungen an die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung in Kraft, die mehr als 2.000 große Kapitalgesellschaften in Österreich betreffen. Sie ziehen weitreichende Konsequenzen für Unternehmensführung und Aufsichtsrat nach sich: Neben erhöhten Publizitäts- und Prüfungsanforderungen legt die Regulatorik explizit verstärktes Augenmerk auf Rollen, Pflichten und Expertise von Geschäftsführung bzw. Vorstand und Aufsichtsrat.
Erfahrungsgemäß kommt auf Kapitalgesellschaften, die bislang noch nicht zur ESG-Berichterstattung (Environment, Social, Governance; zu Deutsch: Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) verpflichtet waren, erheblicher Aufwand zu“, betont Mag. Christina Wieser, Senior Managerin bei BDO, die Geschäftsführung bzw. Aufsichtsrat zu ihren neuen Rollen und Zuständigkeiten berät. So sind für die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts vielfach Informationen zu Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung erforderlich, die bislang kaum erhoben und strukturiert wurden. Die Sammlung und Aufbereitung der relevanten Daten sollten wie die Aktivierung unternehmensinterner ESG-Skills möglichst zeitnah erfolgen. In der Pflicht sind hier Geschäftsführung bzw. Vorstand. Nachhaltigkeit wird künftig Auswirkungen auf sämtliche Unternehmensbereiche haben: vom Reporting über die Berücksichtigung nachhaltigkeitsbezogener Ziele in Vergütungsmodellen bis hin zur Transformation der Unternehmenskultur. Die explizite Verankerung von Nachhaltigkeit in der Governance ist dafür unabdingbar: „Es zeigt sich, dass ein klares Bekenntnis des Vorstands zu Nachhaltigkeit der entscheidende Faktor bei der erfolgreichen Transformation ist“, berichtet die Spezialistin aus der Praxis.
Nachhaltige Verantwortung
Der Aufsichtsrat sieht sich – in seiner Doppelrolle als Kontrollorgan und Sparringspartner bei der Strategieentwicklung – durch die skizzierten Neuerungen mit einem erhöhten Maß an Verantwortung konfrontiert, was Überwachungs- und Prüfpflichten betrifft. Zudem ist es künftig erforderlich, nachhaltigkeitsbezogene Zuständigkeiten im Gremium selbst zu definieren, was in der Praxis eine Erweiterung von ESG-Kompetenzen erfordert. „Der Schlüssel einer erfolgreichen Unternehmensaufsicht liegt gegenwärtig in einer engmaschigen Begleitung der nachhaltigen Transformation sowie der Schärfung des eigenen Nachhaltigkeitsprofils“, fasst Christina Wieser zusammen und rät dazu, „zeitnah ESG-Skills in Aufsichtsrat und seinen Ausschüssen, insbesondere dem Prüfungsausschuss, aufzubauen bzw. weiterzuentwickeln.“ Als Prüforgan hat der Aufsichtsrat den Nachhaltigkeitsbericht auf Plausibilität zu prüfen und kritisch zu hinterfragen. In den nächsten Jahren wird ESG die Aufsichtsratsarbeit wie kein anderes Thema prägen. Daher ist eine zeitnahe Vorbereitung sowie gegebenenfalls eine Vertiefung von Kompetenzen anzuraten.