Neue EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel

Die Europäische Kommission hat eine neue EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel angenommen, die den Weg zur Vorbereitung auf die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels weisen soll.

Von tödlichen Hitzewellen und verheerenden Dürren bis hin zu massiven Waldschäden und durch den Anstieg des Meeresspiegels erodierten Küsten fordert der Klimawandel in Europa und weltweit bereits seinen Tribut. Aufbauend auf der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel von 2013 zielen die heutigen Vorschläge darauf ab, den Schwerpunkt vom Verständnis des Problems auf die Entwicklung von Lösungen zu verlagern und von der Planung zur Umsetzung überzugehen.

Der für den europäischen Grünen Deal zuständige Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans erklärte: „Die COVID-19-Pandemie hat uns deutlich daran erinnert, dass eine unzureichende Vorbereitung verheerende Folgen haben kann. Gegen die Klimakrise gibt es keinen Impfstoff, doch wir können sie trotzdem bekämpfen und uns auf ihre unvermeidbaren Auswirkungen vorbereiten. Die Auswirkungen des Klimawandels sind sowohl innerhalb als auch außerhalb der Europäischen Union bereits zu spüren. Mit der neuen Strategie für die Anpassung an den Klimawandel werden wir die Vorbereitungen beschleunigen und verstärken können. Wenn wir uns heute vorbereiten, können wir die Welt von morgen noch immer klimaresilient machen.“

Hier einige Fragen zum Thema und die Antworten aus der EU-Kommission:

1. Welches Ziel wird mit der neuen Anpassungsstrategie der EU verfolgt?

In der Strategie wird die langfristige Vision der EU dargelegt, die darin besteht, bis 2050 zu einer klimaresilienten und vollständig an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels angepassten Gesellschaft zu werden. Ergänzend zu dem ehrgeizigen Ziel der EU, bis Mitte dieses Jahrhunderts klimaneutral zu werden, soll diese Strategie die Anpassungsfähigkeit der EU und der Welt stärken und die Anfälligkeit für die Auswirkungen des Klimawandels so weit wie möglich verringern. Dies steht im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris und dem vorgeschlagenen Europäischen Klimagesetz. Die neue Strategie zielt darauf ab, die wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Maßnahmen in Synergie mit anderen Strategien des Grünen Deals wie denen zum Schutz der biologischen Vielfalt und einer nachhaltigen Landwirtschaft zu intensivieren. Dies wird erreicht, indem die Anpassung intelligenter, rascher und systemischer vorangetrieben und das internationale Handeln intensiviert wird. Deshalb müssen wir unser Wissen über Klimaauswirkungen und Anpassungslösungen erweitern, die Anpassungsplanung und die Bewertung von Klimarisiken verbessern, die Anpassung beschleunigen und zur Stärkung der Klimaresilienz weltweit beitragen. In dieser Strategie wird ein gesamtwirtschaftlicher Ansatz beschrieben, der insbesondere den Schutzbedürftigsten unter uns Rechnung trägt, damit Resilienz auf gerechte und faire Weise erreicht wird.

2. Warum brauchen wir jetzt eine neue EU-Anpassungsstrategie?

Selbst wenn sämtliche Treibhausgasemissionen sofort gestoppt würden, könnten die Auswirkungen des Klimawandels, die sich bereits bemerkbar machen, nicht mehr verhindert werden. Die schwerwiegenden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf unsere Gesundheit und unseren sozioökonomischen Wohlstand sind eine unmissverständliche Warnung vor den Gefahren einer unzureichenden Vorsorge. Die Häufigkeit und Schwere von Klima- und Wetterextremen nehmen zu. Sie reichen von beispiellosen Waldbränden und Hitzewellen bis hin zu verheerenden Dürren, von vernichtenden Wirbelstürmen in Gebieten in äußerster Randlage der EU bis hin zu massiven Waldschäden infolge eines nie da gewesenen Borkenkäferbefalls in Mittel- und Osteuropa. Wasserknappheit in der EU wirkt sich auf so verschiedene Wirtschaftstätigkeiten wie Landwirtschaft, Aquakultur, Tourismus und Binnenschifffahrt sowie auf die Kühlung von Kraftwerken aus. In der EU betragen die wirtschaftlichen Verluste infolge extremer Wetterereignisse im Schnitt bereits mehr als 12 Mrd. € pro Jahr.

Die Anpassungsstrategie der EU von 2013 wurde 2018 zwar positiv bewertet, aber die Maßnahmen zur Anpassung müssen vertieft und ausgeweitet werden, etwa um Daten einheitlicher und zugänglicher zu machen, die Lücke im Klimaversicherungsschutz (der Anteil der nicht versicherten wirtschaftlichen Verluste) zu schließen und die Finanzmittel für die Anpassung an den Klimawandel in der EU und weltweit aufzustocken. Die Anpassungsfähigkeit der EU muss im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris und dem vorgeschlagenen Europäischen Klimagesetz gestärkt werden. Die Strategie kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt – vor der Klimakonferenz COP26 in Glasgow, auf der die Anpassung an den Klimawandel ein Hauptthema sein wird.

3. Welche Maßnahmen sind in der EU im Rahmen der Strategie geplant?

Die Strategie verfolgt drei Ziele und sieht zahlreiche Maßnahmen vor, um sie zu erreichen:

  • Eine intelligentere Anpassung – Verbesserung des Wissens und der Verfügbarkeit von Daten bei gleichzeitiger Kontrolle der Unsicherheit in Verbindung mit dem Klimawandel; Erhebung von mehr und besseren Daten über klimabedingte Risiken und Verluste sowie Entwicklung von Climate-ADAPT zur maßgeblichen europäischen Plattform für Anpassungswissen.
  • Eine systemischere Anpassung – Unterstützung der Politikgestaltung auf allen Entscheidungs-, Gesellschafts- und Wirtschaftsebenen und in allen Sektoren durch Verbesserung von Anpassungsstrategien und -plänen; Integration der Klimaresilienz in die Haushaltspolitik und Förderung naturbasierter Anpassungslösungen.
  • Eine schnellere Anpassung in allen Bereichen – Beschleunigung der Entwicklung und Einführung von Anpassungslösungen; Verringerung klimabezogener Risiken; Schließung der Lücke beim Klimaversicherungsschutz und Sicherung der Versorgung mit und der Nachhaltigkeit von Süßwasser.

Die Kommission wird weiterhin Orientierungshilfen sowie technische und finanzielle Ressourcen anbieten, um die Mitgliedstaaten, Regionen und lokalen Verwaltungen bei der Entwicklung und Umsetzung umfassender Anpassungsstrategien und -maßnahmen zu unterstützen. Außerdem wird die Kommission auch weiterhin die Anpassung durchgängig berücksichtigen, indem sie Klimaschutzaspekte in die Strategien und Programme der EU einbezieht, um sie klimaresistent zu machen.

4. Wie werden internationale Maßnahmen im Rahmen der Strategie integriert?

Unsere Ziele in Bezug auf die Anpassung an den Klimawandel müssen unserer weltweiten Führungsrolle beim Klimaschutz gerecht werden. Mit dem Übereinkommen von Paris wurde das weltweite Anpassungsziel festgelegt und die Anpassung an den Klimawandel als wichtiger Faktor für nachhaltige Entwicklung hervorgehoben. Die Anpassung ist ein bereichsübergreifendes Element des auswärtigen Handelns der EU und der Mitgliedstaaten, das die Bereiche Entwicklungszusammenarbeit, Migration, Handel, Landwirtschaft und Sicherheit umspannt. Die Strategie gibt für die bereits bestehende Zusammenarbeit mit anderen Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel auf allen Ebenen einen kohärenten Rahmen vor, der drei Aktionsbereiche umfasst:

  • Ausbau der Unterstützung für die internationale Klimaresilienz und -vorsorge, z. B. durch Unterstützung für die Entwicklung und Umsetzung von national festgelegten Beiträgen (im Rahmen des Übereinkommens von Paris) in Partnerländern;
  • Aufstockung der internationalen Finanzmittel für den Aufbau der Klimaresilienz, z. B. durch die Instrumente der EU für das auswärtige Handeln und durch Mobilisierung von Investitionen des Privatsektors;
  • Stärkung des Engagements und des Austauschs weltweit, indem wir von unseren internationalen Partnern lernen, die schon seit Langem an vorderster Front gegen den Klimawandel kämpfen und über wertvolle Erfahrungen verfügen, die Europa helfen können, klimaresilienter zu werden, sowie Weitergabe von Informationen z. B. aus dem COPERNICUS-Programm.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben die finanzielle Unterstützung für den Klimaschutz in Drittländern im Jahr 2019 um insgesamt 7,4 % auf 21,9 Mrd. € erhöht, wovon 52 % für die Unterstützung unserer Partner bei der Anpassung an den Klimawandel bestimmt waren. Um die Finanzierungslücke bei der Anpassung an den Klimawandel zu schließen, wird die Kommission darauf hinarbeiten, die Mittel aufzustocken und umfangreichere Finanzmittel für die Anpassung zu mobilisieren, unter anderem durch innovative Mechanismen wie den Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung Plus, und Mittel über bilaterale Kanäle und die EU-Mitgliedstaaten bereitstellen.

5. Wo finde ich weitere Informationen über die Anpassung an den Klimawandel in Europa?

Ein Ziel der Anpassungsstrategie ist, Climate-ADAPT zur maßgeblichen europäischen Plattform für Anpassungswissen zu machen, indem sie mit anderen einschlägigen Wissensportalen und -quellen vernetzt und für Bürgerinnen und Bürger, lokale Behörden und andere Interessenträger leichter zugänglich gemacht wird. Climate-ADAPT bietet bereits heute Zugang zu verlässlichen Daten über die wahrscheinlichen Auswirkungen des Klimawandels und deren sozioökonomischen Aspekte sowie über die Kosten und den Nutzen von Anpassungsoptionen. Wenn die Plattform kontinuierlich weiterentwickelt wird, wird sie eine wesentliche Stütze für Entscheidungsträger sein und Politikern auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler bei der Entwicklung fundierter Maßnahmen und Strategien zur Anpassung an den Klimawandel helfen.

Auch die neue Europäische Beobachtungsstelle für Klima und Gesundheit wird auf Climate-ADAPT verortet sein. Diese Beobachtungsstelle wird uns für die zunehmenden Gefahren des Klimawandels für die Gesundheit wie Hitzestress, Bedrohungen der Sicherheit von und Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser oder auch das Auftreten und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten sensibilisieren und unser Wissen darüber erweitern. Sie wird uns dabei helfen, diese Gefahren besser zu antizipieren und zu minimieren und unsere individuelle und kollektive Vorsorge zu verbessern.

6. Was müssen die Mitgliedstaaten im Rahmen der neuen Strategie tun und wie werden die Fortschritte gemessen?

Die Anpassung an den Klimawandel ist ein Prozess. Zurzeit wird auf europäischer und internationaler Ebene über standardisierte Indikatoren beraten, mit denen sich die Fortschritte exakt erfassen lassen. Die Strategie soll das Instrumentarium, das Akteure im Bereich der Anpassung bei ihrer Arbeit nutzen und an ihre jeweiligen Erfordernisse anpassen können, erweitern und zugänglicher machen, unabhängig davon, ob es sich bei diesen Akteuren um nationale, regionale oder lokale Behörden, KMU oder einzelne Bürgerinnen oder Bürger handelt. Die Strategie fördert den Austausch von Wissen und die Verfügbarkeit von Daten, damit fundierte Entscheidungen getroffen werden können. Die einschlägigen Berichterstattungspflichten der Mitgliedstaaten sind bereits in speziellen Rechtsakten wie der Verordnung über das Governance-System für die Energieunion festgelegt. Das Europäische Klimagesetz wird nach seinem Erlass ebenfalls entsprechende Pflichten für die EU und ihre Mitgliedstaaten vorsehen.

7. Welche Ressourcen sind auf EU-Ebene für die Anpassung vorgesehen?

Finanzielle Unterstützung für die Anpassung wird über die europäischen Struktur- und Investitionsfonds, die Gemeinsame Agrarpolitik, das Programm LIFE und die Aufbau- und Resilienzfazilität bereitgestellt. Die geplante Mission „Anpassung an den Klimawandel“ im Rahmen von Horizont Europa wird ebenfalls bedeutende Mittel mobilisieren, um Europa klimaresistent zu machen. Die Kommission wird die lokale Nutzung von Daten sowie digitaler und intelligenter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel unterstützen. Die EU wird eine Pilot-Fazilität für Politikunterstützung einrichten, die lokalen und regionalen Behörden im Rahmen des EU-Konvents der Bürgermeister beim Übergang von der Planung zu konkreten Maßnahmen helfen soll.

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