„Wir brauchen das Wärmegesetz und die Wärmewende – jetzt!“

Foto: Manfred Kainz und Helga Krismer

Erdgas ist jetzt auch noch aus einem dritten Grund ein heißes Diskussionsthema: Begonnen hat es mit der umstrittenen EU-Taxonomie für nachhaltiges Wirtschaften, in der Brüssel Erdgas als nachhaltige Energieform eingestuft hat; was zu heftigen Debatten führte, die noch nicht ausgestanden sind. Dann drang mit dem Krieg in der Ukraine die extreme Abhängigkeit Österreichs von Russischem Erdgas ins Bewusstsein der Bevölkerung. Die Energiepreissteigerungen und das Dilemma: Embargo-oder-nicht rufen nun die Politik auf den Plan. Beide Thematiken lenken den Blick auf ein grundsätzliches, dringendes Gas-Problem:

„Wir müssen jetzt die Wärmewende einleiten!“ So bringt es Helga Krismer, Landtagsabgeordnete, Klub- & Landesobfrau der Grünen in NÖ, im Gespräch mit dem Umwelt Journal auf den Punkt (im Bild beim Interview). Da könne man auch als kleines Land einen eigenen Weg gehen, ist sie überzeugt. Bei Atomkraft habe es ja funktioniert. Wenn man nicht jetzt beginne, gehe sich eine Umstellung auf CO2-Neutralität bis 2040 nicht aus. „Das Gas zu ersetzen ist die echte Challenge“, ist sich Krismer aber bewusst.

Energie-Raumplanung gefordert

Was aus Sicht Krismers dazu nötig ist: „Wir brauchen rasch das Wärmegesetz auf Bundesebene.“ Die Liberalisierung der Energie gebe der öffentlichen Hand derzeit in der Planung keinen Spielraum: Es dürfe jetzt niemandem vorgeschrieben werden, auf die Fernwärme vor der Haustür umzusteigen, wenn Gas in der Künetten daneben liegt. In manchen Gemeinden halte die EVN das Energie-Monopol und scheue Investitionen im Bereich Fernwärme, weil die Menschen ohnehin auf EVN Gas angewiesen seien. „Der Öffentliche Auftrag muss endlich gesetzlich festgeschrieben werden“, fordert Krismer. Es brauche eine andere Energiepolitik für EVUs für die Herausforderung, eine echte „Wärmewende“ zu schaffen. Die „Energie-Raumplanung“ sei jetzt gefordert und entscheidend, „wenn wir bis 2040 vom Gas weg sein wollen“, so die Politikerin.

Kommunaler Sanierungsstau

Krismer ist auch Vizebürgermeisterin von Baden (NÖ). In dieser Funktion weist sie auf ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Energiewende in der Praxis hin: Wenn Kommunen gemeindeeigene Liegenschaften sanieren wollen oder müssen, werde es zusehends schwieriger Darlehen dafür zu bekommen: Weil die Banken ihrerseits bei Immobilien-Finanzierungen nun komplexen Nachhaltigkeits-Kriterien unterliegen bzw. neue Auflagen für Kreditvergaben stellen. Das treffe die Drittmittelfinanzierung für die dringende Sanierung von Gemeindewohnsiedlungen, Gesundheits-, Betreuungs- & Freizeitzentren und anderen kommunalen Infrastruktureinrichtungen schwer, warnt Krismer. „Während die Taxonomie bei Atom und Gas den Geldhahn in den Banken aufdreht, wird bei Immobilien noch genauer hingesehen werden. Um den Wert der Liegenschaft zu halten, steht ökologischer Sanierungsstau in Millionenhöhe in vielen Gemeinden an“, alarmiert die Kommunalpolitikerin.

Interview: Mag. Manfred Kainz

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