Pötsch: “Müssen Manufacturing Footprint fundamental verändern”

Bild: Hans Dieter Pötsch, Univ.- Prof. Susanne Kalss

Er ist ein seltener Gast in Wien, obwohl er Österreicher, genauer: Oberösterreicher, ist: Hans Dieter Pötsch, Aufsichtsratsvorsitzender des deutschen Volkswagen Konzerns. Nun war er prominenter Sprecher beim Österreichischen Aufsichtsratstag an der Wirtschaftsuniversität Wien. Vor ausgebuchtem Saal sprach Pötsch (im Bild links) im Dialog mit Co-Veranstalterin Univ.- Prof. Susanne Kalss (Institut für Unternehmensrecht, im Bild rechts) über zentrale Herausforderungen für den global tätigen Automobil-Konzern (Gesamtumsatz rd. 279 Mrd Euro, verkaufte Autos: 8,7 Millionen, drei Börsennotierungen).

Daten & Regularien

Die Automobilindustrie sei „bespielt mit intensiven Regularien“ besonders zum prägenden Kriterium „Flottenverbrauch“, so VW-Aufsichtsratschef Pötsch zu den Rahmenbedingungen. Dabei gehe es nicht allein um den „Ausstieg aus dem Verbrenner“, sondern auch um Milliardenbeträge für die Verbesserung der Verbrenner. Dazu komme die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive). Die sei zwar ein „neues Monster“, aber nicht das eigentliche Problem: Die EU-Kommission würde „in großer Lust“ Standards setzen, wie was erfüllt werden müsse und die EU wolle „ihren Wertekanon“ in die Welt tragen. Für den globalen VW Konzern heißt das, mit 2000 „Einzelzielen“ der Sustainability umgehen zu müssen. Für die Erstellung des Nachhaltigkeitsberichtes beschäftige VW 150 Leute. Zu der wachsenden Datensammlung und Informationsverarbeitung komme das Problem, dass man an spezifische Daten nicht herankomme. Etwa zur „Quantifizierung der biochemischen Prozesse des Reifenabriebs“, was laut EU mit höchstem Prüfungsstandard erfolgen muss. Leider sei die Politik sehr ideologiegetrieben und in den Gremien zur Formulierung der Regularien seien die betroffenen Industrieunternehmen unterrepräsentiert (gegenüber Wirtschaftsprüfern, Beratern und NGOs)…

Transformation & Investition

Als größte Herausforderung bezeichnet Pötsch das Thema „Transformation“: Dem Pariser Klimaabkommen mit dem 1,5 Grad Ziel folgte der EU-„Green Deal“, an dem nun zahlreiche Regularien (auch) für die Automobilindustrie hängen. Der Flottenverbrauch sei dabei das prägende Kriterium. Da die Vorgabe 95g CO2/gefahrener Kilometer verbrennerseitig allein nicht erreichbar sei, müsse die Autoindustrie ihren „Manufacturing Footprint fundamental verändern“. VW baut an 120 Orten weltweit Fabriken, daher sei der Konzern diesbezüglich sehr investitionsintensiv. Da gehe es im Fünfjahreszeitraum um kumulierte 180 Mrd Euro, davon 120 Mrd für Digitalisierung und Elektrifizierung.

Wertschöpfungskette & Querschnittstechnologie

Als VW (-Aufsichtsrat) gehe es aktuell auch um massive Überzeugungsarbeit nach außen. Denn die Nachfrage nach E-Autos sei derzeit schwach und es gebe Themen betreffend „Grüne Energiepotenziale“, die man nur zum Teil beeinflussen könne und nicht alleine ändern könne: Viele Dinge müsse -auch- der Staat schaffen, aber der sei langsam. So gebe es für „Laternenparker“ noch keine überzeugende Lösung.

Bei der Wertschöpfungskette sei es z.B. bei Batteriezellen nicht damit getan, wer sie baut, sondern was „davor liegt: Wer hat die Rohstoffe – und zu welchen Preisen?“ Denn man müsse ja als Wirtschaftsunternehmen kalkulieren. Das Thema Batteriezellen gilt im VW Konzern als „Querschnittstechnologie“. Man verfüge über eine „Riesen“ Forschungsabteilung, die sich mit Batteriezellen beschäftigt. Daher werde man bei dem Thema nicht nur Mitläufer sein. Im Aufsichtsrat hole man sich gezielt externe Expertise, wie technische Sachverständige, herein und höre sich deren Perspektive an.

Text: Mag. Manfred Kainz

Foto: Verein zur Forschung und Förderung der Unternehmensaufsicht

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