Stromspeicher in Gewerbe und Industrie – schon jetzt ein Thema?

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Was bringt ein Stromspeicher für mein Unternehmen?

Der Lithium-Ionen-Stromspeicher hat bereits einen signifikanten Marktanteil erreicht und wird mittelfristig zum Standard-Stromspeicher werden. (c) conplusultra

 

Mit dem Start der Bundesförderung für Stromspeicher am 12. März 2018 wurden erstmals bundesweit Stromspeicher in Kombination mit Photovoltaikanlagen finanziell unterstützt. Aber welchen Nutzen hat ein Stromspeicher und unter welchen Umständen ist ein wirtschaftlicher Betrieb möglich?

TEXT: DI MATTHIAS HUMPELER

Lithium-Ionen-Speicher sind heute weit verbreitet. Der elektrochemische Stromspeicher dient zur kurzfristigen (wenige Stunden) Zwischenspeicherung von elektrischer Energie. Soll elektrische oder thermische Energie längerfristig (über Tage, Wochen oder gar Monate) gespeichert werden, so sind Wasserstoff-, Redux Flow-, oder Druckluftspeicher in Betracht zu ziehen. Der Lithium-Ionen-Stromspeicher hat auf Grund seiner Dominanz im Bereich der Unterhaltungselektronik und seinem verstärkten Einsatz im Elektrofahrzeug bereits einen signifikanten Marktanteil erreicht und wird mittelfristig zum Standard-Stromspeicher werden.

Eigenschaften von Stromspeichern im Gewerbebereich

Heutige Gewerbe-Stromspeicher werden zumeist mit Lithium-Ionen-Technologie angeboten und verfügen typischerweise über eine nutzbare Kapazität von 20 bis 120 Kilowattstunden sowie einer Entladeleistung von 15 bis 100 Kilowatt. Die Speicherkapazität und Leistung sind auf Grund der modularen Bauweise nahezu beliebig skalierbar und an den Betrieb anpassbar. Die Lebensdauer ist abhängig von der Zyklenfestigkeit (Standard: 4.000 bis 8.000 Zyklen bis der Akku nur noch 70 bis 80 Prozent der erstmaligen Kapazität erreicht hat), der Entladehäufigkeit und der Entladetiefe und sollte zwischen zwölf und 20 Jahren liegen. Die Hersteller geben auf ihre Speicher derzeit Produktgarantien von zehn Jahren, die Praxis wird zeigen, ob die kolportierten Lebensdauern der Hersteller standhalten oder unter- beziehungsweise übertreffen. (Siehe unten: Tabelle 1)

Der Stromspeicher besteht im

Wesentlichen aus Zellen, Gehäuse, Wechselrichter und Steuerung. Das Kernstück des Speichers sind die (bis zu mehreren) hundert Zellen, welche zu Speicherblöcken verschaltet werden. Die größten Hersteller befinden sich derzeit auf dem asiatischen Markt. Speicherlösungen werden derzeit von Installateuren, Speicherspezialisten oder im Direktvertrieb der Hersteller angeboten, dementsprechend vielfältig ist das Angebot. Systemlösungen variieren derzeit stark im Preis, daher ist es ratsam, Vergleichsangebote einzuholen. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Speicherlieferanten, wobei sich die Technologieanbieter durch ein breites Spektrum an Anwendungsfällen, Baugrößen und Überwachungsfunktionen auszeichnen.
Anwendungsfall 1 – Eigenverbrauch von

PV-Anlagen

Der Stromspeicher wird zusätzlich zur bereits vorhandenen PV-Anlage errichtet und fungiert als Zwischenspeicher. Eine PV Überproduktion kann teilweise im Speicher zwischengespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden. Im Standardfall erhöht der Stromspeicher den Eigenverbrauch der Photovoltaikanlage um circa zehn bis 20 Prozent. Wirtschaftlich bringt der Eigenverbrauch einen Mehrnutzen gegenüber der Einspeisung.

Anwendungsfall 2 – Lastspitzenreduktion

Lastspitzen entstehen bei Produktionsstarts oder Wechsel – man spricht von Spitzen, wenn diese wenige Male im Jahr auftreten und sich deutlich von der Grundlast abheben. Der Netzversorger verrechnet auf Monatsbasis die maximal bezogene Leistung in Kilowatt (aktuell rund 32 bis 43 Euro pro Kilowatt), wobei eine Anpassung der Netztarifstruktur im Zuge der neu zu gestaltenden Elektrizitätsmarktrichtlinien bis 2020 absehbar ist. Österreich ist nämlich bei den Netztarifen (beziehungsweise im Leistungspreis) deutlich günstiger als Deutschland, wo sich diese Kosten teilweise auf bis zu 140 Euro pro Kilowatt belaufen. Ein Stromspeicher liefert immer dann kurzfristig Energie, wenn Lastspitzen unausweichlich auftreten. Dadurch reduziert sich der Lastbezug vom Netz und somit auch die Netzkosten, zusätzlich kann ein etwaiger Ausbau des Netzanschlusses kompensiert werden.
Diese Anwendung ist besonders für Unternehmen mit einem eigenen Elektro-Fuhrpark interessant. Häufiges paralleles Laden der Betriebsfahrzeuge in den Morgenstunden und am Nachmittag kann schnell zu unerwünscht hohen Netzkosten führen, hier können einerseits ein Lademanagementsystem und andererseits ein Stromzwischenspeicher eine praktikable Lösung darstellen.
Anwendungsfall 3 – Blindstrom, Schwarzstart, Netzstabilisierung
Weitere Energiedienstleistungen des Stromspeichers können die Funktion als Blindstromkompensation oder Schwarzstarthilfe sein, letztere liefert Notstrom, um eine Anlage nach einem Netzausfall wieder in Betrieb setzen zu können. Zu dieser Funktion gehören auch die Netzdienstleistungen, dabei liefert der Speicher im Verbund mit anderen Speichern Primärregelenergie bei Netzschwankungen oder Kraftwerksausfällen. Diese spezifischen Anwendungen sind je nach Unternehmen zu prüfen und benötigen zumeist einen Drittanbieter (Pooling).

Förderung

2018 und 2019 werden Stromspeicher in Kombination mit Photovoltaikanlagen mit einem jährlichen Budget von sechs Millionen Euro erstmalig gefördert. Dies entspricht circa 12.000 Kilowattstunden geförderter Stromspeicherkapazität pro Jahr. Voraussetzung für die Speicherförderung ist eine bestehende Photovoltaikanlage, es können 0,5 Kilowattstunden bis zehn Kilowattstunden Speicherkapazität pro kWp PV-Anlage gefördert werden. Der Fördersatz beträgt 500 Euro pro Kilowattstunde bis maximal 45 Prozent beziehungsweise 65 Prozent der Gesamtinvestition. Der nächste Einreichtermin ist der 12. März 2019.
(Siehe unten: Tabelle 2)

Fazit

Noch ist der Speicher mit 750 bis 1.500 Euro pro Kilowattstunde für den Betrieb im Gewerbe hochpreisig und ein wirtschaftlicher Betrieb will gut kalkuliert sein. Spezifische Anwendungen, insbesondere die Anwendungsfälle zwei und drei, bieten bereits heute das Potenzial, Netzkosten zu sparen. Der Boom der Elektrofahrzeuge wird kurzfristig die Preise in die Höhe treiben (Verfügbarkeit) aber mittelfristig zu deutlichen Preisfällen ähnlich wie in der Photovoltaik führen. Ab Speicherkosten von etwa 350 bis 500 Euro pro Kilowattstunde oder der Erhöhung der Bezugskosten (e-control Netzentgelte 2.0 Verrechnung nach der tatsächlich bezogenen Leistung) wird ein Betrieb unter betriebswirtschaftlichen Aspekten interessant. Andere Anwendungsfälle (Blindstrom, Regelenergie) sind unter den jeweils vorhandenen Rahmenbedingungen zu prüfen.

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