Nachhaltige Baukultur beginnt bei Grundriss- und Materialienplanung

Foto: Korotarz © theartworkersroom*

Energie- und Wärmewende waren zwar schon vor der Ukrainekriegs-bedingten Diskussion über unsere Energiepolitik ein Thema, rücken aber nun noch mehr in den Fokus. Energieformen der Zukunft sind die eine Frage, Hebung von Energiesparpotenzialen die andere. „Frieren für den Frieden“ ist für Haushalte nur bedingt die Lösung. Es gibt auch andere, praktisch umsetzbare Ansätze.

Das fängt schon bei den Materialien für Bau und Sanierung an, wie Architektin Ania Korotarz (Foto) im Gespräch erzählt. Sie hat sich mit ihrer Firma Color Coordinated auf „Lebensraum-Gestaltung” fokussiert. Dazu gehören (Innen)Architektur, Design, Beratung, Planungs-, Materialien- & Interiorkonzepte bis hin zu individuellen Projekten und Koordinierung der Ausführung.

Es ist damit zu rechnen, dass der Druck der Behörden und Bauordnungen auf nachhaltige Energiequellen Schritt für Schritt stärker wird, und dass die Verpflichtungen aus den Energieausweisen strenger werden. Die Frage sei, so die Architektin, wie sehr die Menschen bereit sind in nachhaltige Energie(ersparnis) zu investieren. Holzbau- und Wärmepumpenproduzenten würden schon viel in Forschung investieren um für mehr Verbreitung zu sorgen.

Als natürliche Materialalternative bieten sich Lehmprodukte an, weiß Korotarz aus Erfahrung; zum Beispiel Lehmputz. Der sei zwar teurer als Silikatverputz und Styropor; Aber es gebe immer mehr Kundeninteresse daran, weil es sich langfristig rechne. Lehmputz mache das Raumklima nachweislich deutlich besser. Er sorge für bessere Luftqualität, nehme Feuchtigkeitsüberschuss in Räumen besser auf und „atmet besser“, so die Fachfrau. Da Lehm gut Wärme speichert, bleiben die Wohnungen im Winter warm und im Sommer kühl.

Andere Baukultur

In Vorarlberg beispielsweise gebe es schon eine starke „Lehmbaukultur“. Die zeige bessere Dämmwerte sowie bessere Werte bei Schallschutz und Raumluftfeuchtigkeit. Auch Kalkputz sei „natürliches Material seit 100en Jahren. Lehm und Kalk waren immer da“, betont Korotarz die Ursprünglichkeit dieser Baustoffe. Außerdem seien sie wiederverwendbar, können öfter eingesetzt werden.

(Mehr) Nachhaltigkeit gehe auch bei Gebäudegrundrissen, sowohl im Neu-, Um- und Ausbau, als auch in der Sanierung. „Verantwortliche Planung bedeutet ergonomische Grundrisse. Unnötig große Vorräume oder Badezimmer sind aus Nachhaltigkeitssicht Platz-, Baumaterial- und Energie-Verschwendung. Optimale Größe der Räume ist wichtig.“ Eine 65-Quadratmeter-Wohnung mit nur zwei Zimmern sei so gesehen nicht nachhaltig, es wäre Platz für drei Zimmer in korrekter Größe. Und auch die Situierung der Hauptwohnbereiche mache viel aus: Sonnenseitige Ausrichtung und Vollverglasung helfe beim Energiesparen. Nachhaltigkeit setze also schon mit guter Überlegung und Planung von Grundrissen von Projektentwicklern und privaten Häuselbauern an.

Corona brachte außerdem ein neues Planungsthema, das gekommen ist um großteils zu bleiben: Das Generieren von Homeoffice-Bereichen. Dass das System, „jeden Tag ins Büro fahren“ nicht nachhaltig ist, kam ins Bewusstsein. Riesen-Büroflächen und deren Mieten würden hinterfragt, Co-Working-Spaces gesucht.

Ausblick

In die Zukunft blickt die Spezialistin mit gemischten Gefühlen: Das Rohstoffproblem nähre die Sorge, was im Herbst mit den Baustoffen und Baustellen sein wird. Produktionseinschränkungen bei Baumaterialien, Lieferverzögerungen und Preisauftrieb treffen öffentliche und private Verbraucher enorm. Und: „Was machen wir danach?“ Wie man nun beim Gas sieht, sollte man an Änderungen bei der Abhängigkeit denken: hin zu „mehr lokal“: „Welche Alternativen zu Importen haben wir? Wie können wir, mit welchen Roh- und Baustoffen, anders bauen?“

Zwar gebe es eine Kundengruppe, das bereit und finanziell in der Lage ist mehr auszugeben. Aber für die breite Mittelschicht könne es dieses Jahr „stressig“ werden. Aber auch diese hätten, wie dargestellt, Möglichkeiten, Wohnraum nachhaltig zu gestalten, weiß die Architektin aus der Praxis.

Text: Mag. Manfred Kainz
Foto: theartworkersroom*

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