Die Europäische Kommission hat beschlossen, Frankreich wegen schlechter Luftqualität aufgrund hoher Feinstaubwerte (PM10) beim Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen.
Bei Überschreitung der in den EU-Luftqualitätsvorschriften der Richtlinie 2008/50/EG festgesetzten Grenzwerte müssen die Mitgliedstaaten Pläne zur Verbesserung der Luftqualität erlassen und dafür sorgen, dass diese Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen enthalten, damit der Zeitraum der Überschreitung möglichst gering gehalten wird. Im Falle Frankreichs wurden die täglichen Obergrenzen für Feinstaub (PM10) nicht eingehalten, die seit 2005 rechtsverbindlich sind.
Die von Frankreich übermittelten Daten belegen, dass in den Gebieten Paris und Martinique zwölf bzw. vierzehn Jahre lang systematisch versäumt wurde, die EU-Vorschriften für die PM10-Obergrenzen einzuhalten. Deshalb verklagt die Kommission Frankreich beim Gerichtshof der Europäischen Union.
Mit dem heutigen Beschluss wird Frankreich zum zweiten Mal wegen Nichteinhaltung der EU-Luftqualitätsstandards beim Gerichtshof verklagt. In seinem Urteil vom 24. Oktober 2019 stellte der Gerichtshof fest, dass das Land die Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2)-Konzentrationen in zwölf Luftqualitätsgebieten nicht eingehalten hatte (Kommission gegen Frankreich, C-636/18).
Ein Schwerpunkt des von der Kommission im Dezember 2019 beschlossenen europäischen Grünen Deals ist die Verringerung der Luftverschmutzung, die zu den Hauptfaktoren mit Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zählt. Die Verringerung der Luftverschmutzung wird auch in der anstehenden Null-Schadstoff-Initiative eine entscheidende Rolle spielen. Die vollständige Umsetzung der im EU-Recht verankerten Luftqualitätsstandards ist eine entscheidende Voraussetzung für den wirksamen Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt.
Hintergrund
Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip ist es nach den EU-Luftqualitätsvorschriften Sache der Mitgliedstaaten, mit welchen Mitteln die Einhaltung der festgesetzten Grenzwerte sichergestellt wird. Trotz der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine gute Luftqualität für ihre Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, stellt die Luftverschmutzung an vielen Orten nach wie vor ein Problem dar, wobei die Lage in städtischen Gebieten besonders ernst ist. Die Luftverschmutzung ist in der EU noch immer die Hauptursache für umweltbedingte Gesundheitsprobleme. Nach Schätzungen der Europäischen Umweltagentur lassen sich jährlich rund 400 000 vorzeitige Todesfälle in Europa auf die Luftverschmutzung zurückführen. Diese Form der Umweltverschmutzung verursacht schwere Krankheiten wie Asthma, Herz- und Kreislaufprobleme sowie Lungenkrebs. Feinstaub (PM10) findet sich insbesondere in Emissionen aus Industrie, Verkehr und privaten Heizungsanlagen, entsteht aber auch in der Landwirtschaft.
Weitere Informationen
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