Nachhaltigkeit rechnet sich – das ist den österreichischen Unternehmen bewusst. Dennoch geht die grüne Transformation nur langsam voran. Wie eine Studie von Deloitte Österreich und Foresight zeigt, fehlt es vor allem an der strategischen Verankerung wirksamer Maßnahmen und Planungssicherheit. Auch die Dringlichkeit der Erfüllung regulatorischer Anforderungen haben viele noch nicht erkannt. Das muss sich ändern, denn es ist fünf vor Zwölf – sowohl bei der Umsetzung der CSRD als auch bei der Eindämmung des Klimawandels.
Auch dieses Jahr hat Deloitte gemeinsam mit dem Sozialforschungsinstitut Foresight im Rahmen einer repräsentativen Telefonumfrage rund 400 österreichische Unternehmen zu ihren Bestrebungen im Bereich Nachhaltigkeit befragt. Der aktuelle „Sustainability Check“ macht deutlich: Die Unternehmen haben ihre Schlüsselfunktion am Weg hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft erkannt. „International wird auf politischer Ebene in Sachen Nachhaltigkeit derzeit für jeden Schritt nach vorne ein Schritt zurück gemacht. Konträr dazu haben die Unternehmen die Wichtigkeit des Themas erkannt. Hier bestätigt die aktuelle Umfrage einmal mehr die Befunde aus den vergangenen Jahren“, hält Christoph Hofinger, Geschäftsführer von Foresight, fest.
Das Thema Nachhaltigkeit ist für die Unternehmen auch deshalb bedeutend, weil ein großer Teil der Befragten (48 %) die Auswirkungen des Klimawandels bereits direkt spürt. Dennoch folgen auf das grundsätzliche Bewusstsein noch wenig wirksame Handlungen. „Zwar setzen viele Betriebe bereits Einzelmaßnahmen um, aber es fehlen die strategische Verankerung sowie klar definierte und laufend überprüfte Nachhaltigkeitsziele. Die nachhaltige Transformation kann allerdings nur mit einem klaren strategischen Fokus gelingen“, erklärt Karin Mair, Managing Partnerin Risk Advisory & Financial Advisory bei Deloitte Österreich.
Kostenfaktor ist unklar
Im Fokus vieler Nachhaltigkeitsagenden steht vor allem die Reduktion der CO2-Emissionen. 61 % der Befragten haben dazu zwar mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen, hinsichtlich der erwartbaren Kosten für eine umfassende Dekarbonisierung herrscht aber große Unsicherheit. So kann oder will über ein Drittel (39 %) derzeit keine Angaben über die diesbezügliche Kostenveranschlagung des Unternehmens machen. Gleichzeitig geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Der Anteil jener Betriebe, die von 500.000,- bis über fünf Millionen Euro pro Jahr für Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufwenden wollen, ist von 26 % im Vorjahr auf 17 % gesunken.
Angesichts der wirtschaftlichen Rezession hat der Klimawandel für viele Unternehmen aktuell nicht oberste Priorität. „Das ist zwar aus dem kurzfristigen Alltagsgeschäft heraus verständlich, in der langfristigen Sicht aber ein Geschäftsrisiko“, warnt Christoph Obermair, Partner und Sustainability Leader bei Deloitte Österreich. „Denn Fakt ist: Der Klimawandel wird die Wirtschaft umkrempeln, ob wir wollen oder nicht. Sich hier frühzeitig zu wappnen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag für eine grünere Welt zu leisten, wird erfolgsentscheidend.“
Zeit für Umsetzung wird knapp
Um die nachhaltige Transformation wirksam voranzutreiben, fehlt es vielen Unternehmen derzeit vor allem an Planungssicherheit. Ein Versuch, diese auf europäischer Ebene bereitzustellen, ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Sie zielt darauf ab, die Transparenz der Nachhaltigkeitsberichte zu fördern und ist für große Kapitalgesellschaften für das Geschäftsjahr 2025 erstmalig anzuwenden. Obwohl das Zeitfenster bis zur Umsetzung also immer kleiner wird, hat ein Großteil der Befragten die Dringlichkeit noch nicht erkannt. Aktuell haben lediglich 18 % der CSRD-Betroffenen die Vorbereitungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung abgeschlossen, 17 % haben noch gar nicht damit begonnen.
„Viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand im Zusammenhang mit der CSRD. Meist wird erst im Laufe des Prozesses klar, welche großen Datenmengen überhaupt analysiert werden müssen. Angesichts der zeitlichen Dringlichkeit müssen jetzt personelle sowie finanzielle Ressourcen gebündelt werden, ansonsten wird sich eine Umsetzung nicht mehr ausgehen“, betont Alfred Ripka, Partner und ESG-Experte bei Deloitte Österreich.
Kleinere Unternehmen, die der CSRD nicht direkt unterliegen, können sich ebenfalls nicht zurücklehnen. „Gerade Zulieferbetriebe sind durch die Angabepflichten zur vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette indirekt von der Regulatorik betroffen. Die Reporting-Pflichtigen werden sich bei der Ermittlung ihrer ESG-Daten mit Fragen an sie wenden. Auch für kleine und mittlere Unternehmen ist es daher essenziell, Nachhaltigkeitsinformationen proaktiv zu erfassen und bereit zu stellen“, so Alfred Ripka abschließend.