Bohrbeginn der ersten Tiefengeothermie-Anlage Wiens

Bild: Geothermie © Wien Energie, Johannes Zinner

Ein wichtiger Meilenstein für die erste Tiefengeothermie-Anlage Wiens ist erreicht: OMV und Wien Energie haben mit dem Gemeinschaftsunternehmen deeep die erforderlichen Genehmigungsverfahren abgeschlossen und starten mit der Bohrplatzeinrichtung. 

„Wien hat ideale Voraussetzungen für die Nutzung von Tiefengeothermie“, sagt Peter Weinelt, Generaldirektor der Wiener Stadtwerke. „Wir haben ein großes natürliches Heißwasserreservoir tief unter der Stadt und ein gut ausgebautes Fernwärmenetz, um die Energie an die Kund*innen zu verteilen. Damit wird nicht nur dem Klima geholfen, die Technologie trägt auch zur Versorgungssicherheit und zur Preisstabilität beitragen – denn sie macht Wien ein Stück unabhängiger von Gasimporten.“

Derzeit bereitet deeep in Aspern (Wien-Donaustadt) den Bohrplatz für Tiefenbohrungen vor, die im Winter 2024/2025 anlaufen. Die Anlage soll künftig klimaneutrale Fernwärme für umgerechnet bis zu 20.000 Wiener Haushalte erzeugen. „Nach jahrelangen Forschungs- und Planungsarbeiten starten wir nun in die Umsetzung. Gemeinsam mit unserem Partner OMV haben wir letztes Jahr das Gemeinschaftsunternehmen deeep gegründet, um unsere Kräfte zu bündeln. Wir wollen die Tiefengeothermie nutzen, um die Wärmewende in Wien voranzutreiben und die Fernwärme bis 2040 klimaneutral zu erzeugen. Diesem Ziel kommen wir mit der Errichtung der ersten Tiefengeothermie-Anlage Wiens einen großen Schritt näher“, erklärt Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung. 

Die Tiefenbohrungen sind das Herzstück der Anlage in Aspern. Sie gehen über 3.000 Meter in die Tiefe, um das heiße Formationswasser dort für die Wärmeerzeugung zu nutzen. Für den Untertage-Bereich des deeep-Projekts ist OMV verantwortlich. „OMV will bis spätestens 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen. Die Geothermie spielt eine wichtige Rolle in unserer Strategie. Mit dieser innovativen Technologie senken wir CO2-Emissionen und treten dem Klimawandel entgegen. Wir greifen dabei auf unsere jahrzehntelange Erfahrung im Explorations- und Bohrgeschäft zurück. Mit der Errichtung des Bohrplatzes kommen wir nun der Erzeugung von nachhaltiger Fernwärme in Wien einen weiteren Schritt näher“, so Alfred Stern, Vorstandsvorsitzender der OMV Aktiengesellschaft. 

Potenzial: Grüne Wärme für bis zu 200.000 Wiener Haushalte

Die erste Tiefengeothermie-Anlage von deeep dient als Grundlage für den weiteren Ausbau der Geothermie in Wien. Insgesamt wollen OMV und Wien Energie Tiefengeothermie-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 200 Megawatt entwickeln. Damit kann klimaneutrale Fernwärme für umgerechnet bis zu 200.000 Wiener Haushalte erzeugt werden. Die Partner planen bis zu sieben Tiefengeothermie-Anlagen in Wien im Rahmen von Bohrprogrammen umzusetzen. Bei einem Bohrprogramm werden mehrere Bohrungen und Anlagenstandorte parallel geplant und errichtet. Dies hat den Vorteil, dass Ressourcen effizienter eingesetzt werden können. Der genaue Zeitplan für die Umsetzung sowie die Leistung dieser weiteren Anlagen ist von den Erkenntnissen aus der Pilotanlage in Aspern abhängig.

Die Tiefengeothermie-Anlage in Aspern

Der künftige Anlagenstandort befindet sich am Rande der Seestadt Aspern. Die Bohrplatzerrichtung dauert dort knapp drei Monate. In dieser Zeit baut das deeep-Projektteam auf dem künftigen Anlagengelände die Zufahrtswege, bereitet die notwendige Infrastruktur vor und richtet Baucontainer ein. Schlussendlich wird der Bohrturm für die Tiefenbohrungen aufgestellt. Auch ein Infocenter für Anrainer*innen und Interessent*innen entsteht am Bohrplatz. Noch im Winter 2024/2025 ist der Start der Bohrungen geplant. 

Oberirdische Anlage wird nach Fördertests errichtet

Im Sommer 2025 werden nach den Tiefenbohrungen sogenannte Fördertests durchgeführt. Dabei untersucht das Projektteam das erschlossene Formationswasser hinsichtlich Temperatur, chemischer Zusammensetzung und Fördermenge. Das im östlichen Raum Wiens gespeicherte Thermalwasser weist aufgrund seiner Millionen Jahre langen Isolierung im Gestein jedenfalls eine hohe Mineralisation (z.B. Salzgehalt) auf und ist daher nicht trinkbar. Auf Basis der Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen wird ab 2026 die sogenannte Obertage-Anlage – also der Teil der Tiefengeothermie-Anlage an der Erdoberfläche – errichtet. Für diesen Anlagenteil ist Wien Energie im Gemeinschaftsunternehmen deeep hauptverantwortlich. Die Inbetriebnahme der Tiefengeothermie-Anlage Aspern ist für 2028 geplant. 

So funktioniert die Nutzung von Tiefengeothermie

Tiefengeothermie ist ein entscheidender Baustein für die Wärmewende. Die Technologie verringert die Abhängigkeit von Energieimporten und ist eine regionale Energiequelle. Sie ist außerdem 100 Prozent klimaneutral. Egal, wie kalt es draußen ist: Je tiefer es unter die Erdoberfläche geht, desto wärmer wird es. So ist das Wasser, das sich tiefer als 3.000 Meter unter der Erdoberfläche befindet, mehr als 100°C heiß. 

Dieses Heißwasservorkommen kann zur Fernwärme-Erzeugung eingesetzt werden. Die Förderung des Formationswasser aus dem Untergrund erfolgt mittels einer Förderpumpe. An der Oberfläche wird dem Wasser die Wärme mittels Wärmetauscher entzogen. Die gewonnene Wärme wird ins Fernwärmenetz eingespeist und verteilt. Das abgekühlte Wasser wird nach der Wärmeentnahme wieder in das ursprüngliche Reservoir rückgeführt. Es entsteht dadurch ein geschlossener erneuerbarer Kreislauf.

Eckdaten Tiefengeothermie-Anlage Aspern

  • Anlagenstandort: Seestadt Aspern, 1220 Wien
  • Geplante Leistung: rund 20 Megawatt thermisch (inkl. Wärmepumpen von Wien Energie)
  • Fernwärme für umgerechnet bis zu 20.000 Wiener Haushalte
  • Geplanter Bohrbeginn: Winter 2024/2025
  • Geplante Inbetriebnahme: 2028
  • Geplantes Investitionsvolumen: rund 90 Millionen Euro. Das Projekt wird aus den Mitteln der Umweltförderung des Klimaschutzministeriums gefördert.

(Bild: © Wien Energie, Johannes Zinner)

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